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Beim Warten auf den Beginn der Einführung in das Märchen im Foyer

E.T.A- Hoffmann: Der goldene Topf

Theaterfahrt ans Badische Staatstheater Karlsruhe - Die Klassen 11 und 12 des LGH auf den Spuren der Romantik

"Der goldene Topf" E.T.A. Hoffmanns ist ein überaus erfolgreiches Kunstmärchen der Romantik. Es wurde 1814 veröffentlicht und 1819 überarbeitet und gilt als das erfolgreichste Werk Hoffmanns. Er gab dem Stück die Gattungsbezeichnung "Märchen aus der neuen Zeit".Deutsch-Fachportal BW Dabei sind für den kundigen Betrachter neben der allgemeinen Rahmenhandlunng und der Binnenerzählung in Dresden, einer sowohl bürgerlichen als auch wunderlichen Welt, auch die mythische Erzählung der Familiengeschichte Lindhorsts und die Vision des Erzählers zu berücksichtigen, mithin ein erzählerisch recht komplexes Werk, das auf verschiedensten Ebenen, Welt und Gegenwelt, Traum und Wirklichkeit(en) gegenüberstellt, kontrastiert und relativiert. Daher sollte sich in einer vorzüglich für Gymnasiasten aufgesetzten Theaterversion des Abitur-Sternchenthemas das "serapiontische Prinzip" E.T.A. Hoffmanns, das sich im "Goldenen Topf" ausspricht und Literaturwirklichkeit wird, ebenso nachhaltig auf der Bühne zeigen. "Schließlich wurzelt das Märchenhafte in seinen Werken ja nicht im exotischen Reich eines „Es-war-einmal“, sondern mitten in der konkreten Alltagswirklichkeit.-- Dieses auch im Goldnen Topf waltende Prinzip hat Hoffmann in seinen Serapionsbrüdern (1819–1821) klar formuliert: „Ich meine, dass die Basis der Himmelsleiter, auf der man hinaufsteigen will in höhere Regionen, befestigt sein müsse im Leben, sodass jeder nachzusteigen vermag.“ Das Fantastische ist der „wunderbare herrlichste Teil“ des Lebens. Bezeichnenderweise nimmt das (gleich wieder ironisierte) Wunderbare des Goldenen Topfes am „Himmelfahrtstage“ um punkt drei Uhr nachmittags seinen Lauf. Der Germanist Richard Benz hat die Erzählung deshalb ein „Wirklichkeitsmärchen“ genannt. So sehr sich Alltag und Märchen im Goldenen Topf durchdringen, so verwirrend traumhaft, unwahrscheinlich-labyrinthisch und „alchemistisch“ verstrickt ist auch die Handlung. Alles kann sich jederzeit in alles verwandeln – allein das Äpfelweib des Anfangs wechselt als Wahrsagerin, Kindermädchen, dämonischer Türdrücker oder biedere Kaffeekanne ständig die Gestalt. Strukturierend wirken hier eher Leitmotive (Kristall, Schrift) oder mythische, alchemistische und biblische Vorstellungswelten: Schlange, Apfel, Vier-Elemente-Lehre, Phosphorus- und Atlantis-Mythos. Strukturierend wirken aber auch die Mächte und Kräfte, die wechselseitig an Anselmus zerren – und die doch immer nur zwei doppelgängerhafte Seiten einer Medaille sind: Auf der einen Seite steht der Konrektor Paulmann mit seiner 16-jährigen Tochter Veronika, die sich durch eine Heirat mit Anselmus schon als zukünftige Frau Hofrat sieht. Auf der anderen Seite steht der Geheime Archivarius Lindhorst mit Serpentina und seinen beiden anderen Schlangentöchtern: ein wegen seiner Verbindung mit der grünen Schlange aus Atlantis verbannter Salamander, den nur die Verheiratung seiner Kinder erlösen kann. Letztlich wirkt im Goldenen Topf also der in jeglicher Hinsicht ambivalente Konflikt zwischen borniertem Philister- und riskantem Künstlertum, zwischen brüchiger Vernunft und wahnhaftem Rausch, zwischen finanzieller Absicherung und dichterischer Freiheit: ein Konflikt, den der ausgebildete Jurist Hoffmann in seiner Doppelexistenz als preußischer Beamter und Schriftsteller aus eigener Erfahrung kannte. Dementsprechend ambivalent versieht Hoffmann das Happy End seines Märchens mit den ironisierten Zügen des klassischen Bildungsromans: Während sich Veronika „bei der dampfenden Suppenschüssel“ mit einem schon fertigen Hofrat verlobt, heiratet der Student Anselmus seine Serpentina und erhält den titelgebenden Topf (der einer ursprünglichen Idee Hoffmanns zufolge ein juwelenbesetzter Nachttopf sein sollte) als Mitgift." Die Aufführung des Theaters Karlsruhe leistet die Darstellung dieser relevanten Zusammenhänge nur bedingt, da vieles vereinfacht und unterkomplex dargestellt wird und im Ornat beifallsheischender Effekte und komödiantisch zugegeben erheiternder Momente - Applaus für die in dieser Hinsicht beglückende Szene eines bürgerlichen Besäufnisses - einer unnötigen Verflachung des Stoffes Vorschub leistet und den Adressaten gerade dadurch keinen Gefallen tut. Für den Deutschunterricht der Beteiligten eignet sich diese Aufführung allerdings ausgezeichnet, z. B. um vieles nur Angedeutete zu ergänzen und manche vorhandene Lücke sinnvoll zu schließen. TS, Kollegium Zitate aus: Thomas Köster, promovierter Literaturwissenschaftler, arbeitet als Literaturkritiker, Kultur- und Wissenschaftsjournalist (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, NZZ am Sonntag, Westdeutscher Rundfunk) in Köln. (Copyright: Goethe-Institut e. V., Internet-Redaktion, März 2012)

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